Hinweise zur Bewertung der Messunsicherheit und Signifikanz von Laborergebnissen
Laborergebnisse liefern zwei grundlegende Informationen:
- Die Lage des Messergebnisses im Verhältnis zum Referenzbereich.
- Die Beurteilung, ob eine Veränderung zwischen aufeinanderfolgenden Messungen signifikant ist (Verlaufskontrolle)
Allerdings unterliegt jedes Messergebnis einer Messunsicherheit, die von verschiedenen präanalytischen und analytischen Faktoren beeinflusst wird. Gemäß der Definition in ISO/DIN 3534-1:2009-10 beschreibt die Messunsicherheit einen Wertebereich, innerhalb dessen der wahre Wert mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann.
Die Kenntnis und Berücksichtigung der Messunsicherheit ist entscheidend, um sicherzustellen, dass Abweichungen vom Referenzbereich oder von Vorwerten korrekt interpretiert werden. Nur so kann bewertet werden, ob ein Ergebnis klinisch bedeutsam ist oder nicht.
Faktoren, die die Messunsicherheit beeinflussen
Zur Ermittlung der Messunsicherheit müssen alle potenziellen Einflussfaktoren berücksichtigt werden. Hierzu zählen insbesondere:
- Präanalytische Variabilität (z. B. Probenentnahme, Lagerung, Transportbedingungen)
- Analytische Variabilität (z. B. Methoden- und Messgeräte bedingte Abweichungen)
- Biologische Variabilität (individuelle Schwankungen, z. B. tageszeitabhängige Unterschiede)
Insbesondere die Probenentnahme (Präanalytik) hat im medizinischen Labor eine herausragende Bedeutung, da sie häufig die größte Fehlerquelle darstellt.
Qualitätssicherung und Berechnung der Messunsicherheit
In der Laboranalytik wird die Messunsicherheit regelmäßig überprüft und dokumentiert. Hierzu gehören die kontinuierliche Bewertung der analytischen Präzision (Reproduzierbarkeit bei Wiederholungsmessungen) und der analytischen Richtigkeit (Abweichung vom Referenzwert).
Moderne Qualitätsstandards, wie sie beispielsweise in der Norm DIN EN ISO 15189 definiert sind, fordern eine umfassende Betrachtung aller relevanten Einflussfaktoren. Dies bedeutet, dass die Wiederholbarkeit und Vergleichbarkeit der Messergebnisse alleine nicht ausreichend sind, da die individuellen Probengegebenheiten des Patienten viele Analyte wesentlich mehr beeinflussen, als dies die eigentlichen analytischen Variablen der Messunsicherheit (Richtigkeit und Präzision) tun.
Die Gesamtheit aller Variablen, einschließlich präanalytischer und analytischer Einflüsse, muss in die Bewertung des Ergebnisses einfließen.
Praktische Anwendung der Messunsicherheit in der Laborinterpretation
Für die klinische Bewertung gilt:
- Vergleich mit dem Referenzbereich: Ein Laborergebnis liegt außerhalb des Referenzbereichs, wenn der Bereich der Messunsicherheit diesen nicht mehr überlappt.
- Vergleich mit Verlaufswerten/ Vorwerten: Eine Änderung eines Wertes ist signifikant, wenn der Bereich der Messunsicherheit der beiden Werte keine Überschneidung aufweist.
Die systematische Einbeziehung der Messunsicherheit verhindert Fehlinterpretationen oder fehlerhafte Schlussfolgerungen in der klinischen Entscheidungsfindung. Dies trägt wesentlich zur Verlässlichkeit und Aussagekraft von Laborergebnissen bei.
Die Berechnung der analytischen Präzision und der Richtigkeit werden für alle quantitativ zu bestimmenden Parameter im Rahmen der Qualitätssicherung in unserem Labor ständig aktualisiert und kontrolliert.
Die Abteilungsleiter der verschiedenen Laborbereiche stehen Ihnen als Ansprechpartner zur Verfügung, um den Individualbefund zu besprechen. Dabei werden die aktuellen Daten zur Messunsicherheit sowie präanalytische und patientenindividuelle Einflussfaktoren berücksichtigt.